Oder: Amor und Psycho

Amor und Psyche, Sommergarten, St. Petersburg
Da sitze ich in einem Sankt Petersburger Park und tue schön bin exotisches Buffet für Milliausende Mücken. Und dann kommt da einer dieser etwas schlafmangelig aber ausgesprochen gut aussehenden Russen daher – unter einem Arm einen dicken Wälzer unter dem anderen ein Schachbrett.
Ich kann mir nicht helfen: Angesichts eines derartigen Klischees muss ich einfach lachen. Und fange mir direkt eine Herausforderung zum Schachspiel ein. Angesichts meiner Ungeduld tauge ich kaum als ebenbürtige Gegnerin, aber immerhin hat auch Д. nun was zu lachen.
Eine ganze warme, weiße Nacht lang
plaudern wie in einem seltsamen Sprachgemisch aus Englisch, Russisch, Deutsch und Französisch über alles mögliche.
Zum Beispiel über den Sascha1 hier:
oder den Vova2 hier:
Und diese Tante3:
Irgendwie kamen wir auch auf den Fedja4:
und diesen anderen Vova5:
Und den Borja6:
Und natürlich sprachen wir auch über die Käthe7:
Und von der wars dann gar nicht mehr so weit bis zu der Trulla8 hier:
Kann man sich ja denken, wo das hinführt.

Die intellektuelle Elite von heute debattiert nicht mehr bei Rotwein, sondern bei Dosenmais. Niom.
Ja, genau, zum Essen nämlich. Der Д., der weiß, was Frauen wollen. Nackich im Bett liegen, schlau daherreden, Dosenfutter speisen. Und danach Schwänze!
So romantisch.
Doch wie das Leben so spielt, das junge Glück währte kurz: Des Morgens richtete ich mein Haar und er bat mich, ihm seine Medikamente rüberzuschmeißen – kein Ding. Dazu wollte er das Wasser und ich wies ihn darauf hin, dass dieses direkt neben seinem Bett stehe – und damit dichter an ihm als an mir. Er fand das faul, ich fand, ich sei nicht sein Dienstmädchen. Ich widmete mich also wieder meinem Haar und er seinem Handy – und fragte mich nach längerer Pause: Und mein Wasser? Ich war dann näher an der Tür als an seinem Bett…
1. Alexander Sergejewitsch Puschkin, Schreiberling, hier auf dem Platz der Künste, St. Petersburg.↩
2. Wladimir Wladimirowitsch Putin, verhinderter Zar, hier höchst säxy mit unbekanntem Hottehü, bezeichnenderweise vor der Peter-und-Paul-Kathedrale in St. Petersburg, in der die Zaren beerdigt sind.↩
3. Veritas, römische Göttin, zuständig für die Wahrheit. Hier im St. Petersburger Sommergarten. Warum es aussieht als habe sie einen Penis, bleibt das Geheimnis des Künstlers. Oder sie hat einfach cojones.↩
4. Fjodor Michailowitsch Dostojewski, noch ein Schreiberling, hier mit unbekannter Taube vor der Russischen Staatsbibliothek in Moskau. Findet seinen Sitzort möglicherweise beschissen.↩
5. Wladimir Iljitsch Lenin, na der halt. Hier vor dem Finnischen Bahnhof in Leningrad St. Petersburg↩
6. Der Mann, der mir einst den Feierabend verdarb: Boris Jefimowitsch Nemzow. An abgebildeter Stelle auf der Großen Moskwa-Brücke in Moskau am späten Abend des 27. Februar 2015 erschossen. An dieser Stelle eine Bitte an Auftragskiller: Prominente Oppositionelle nach Möglichkeit zur vollen Stunde erschießen, dann sind die armen Journalisten schon im Feierabend oder grad halt noch mittendrin, wenn die Nachricht durchsickert. Zynische Schreiberlingsdurchsage Ende.↩
7. Die Frau, wegen der ich die Eremitage nicht ernst nehmen konnte. Katharina die Große (hier eingesargt in der Peter-und-Paul-Kathedrale in St. Petersburg). Großes Vorbild. Denn – für alle, denen dieser Teil der Geschichte vorenthalten wurde – die gute alte Kati hat sich nicht nur für Mädchenbildung eingesetzt, sondern sich auch fröhlich durch die Gegend gevögelt. Bevorzugt gebildete und gern auch jüngere Typen. Darunter ein gewisser Potemkin (jaja, der mit den Dörfern) und gerüchteweise auch der Physiker Leonhard Euler. Den kennt keiner außer No. 2, der mir vor meiner Abreise auftrug, herauszufinden, wo der Euler die Käthe bestiegen hat. Ich schlappe also in die Eremitage, die ja auf Katis Mist gewachsen ist, betrachte ein ausgestelltes Sofa und sehe einen Fleck. Mein erster Gedanke, natürlich: Sperma vom Leo? – Wie sich herausstellte, befinden sich auf allen Polstermöbeln in der Eremitage Flecken… (Aber keine Penis-Bildchen.)↩
8. Lusuria, die Wollust. Steht da so unschuldig im Sommergarten in St. Petersburg rum.↩
Klingt so, als hättest du bei ihm jedes mögliche Klischee mitgenommen. Aber wenn die Romantik wenigstens gestimmt hat …
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für sowas tut man doch ne Reise: Um seine Vorurteile bestätigt zu bekommen ^^
(Wann fährste noch gleich nach MV? 😉 )
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Da ich schon mal in MV war, habe ich keine Vorurteile, ich habe Erfahrungen 😉 . Aber eine Familienreise ist ja sowieso immer was anderes. Da hab ich gar keine Zeit zum Schach spielen.
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Das liest sich nach einem perfekten Urlaub für dich.
Den geehrten Herrn Euler kennt in der Schweiz jeder, war er doch jahrelang auf den kleinen Geldscheinen abgebildet, zwar auf der 10 Franken und 2.72 Franken aber immerhin 😉.
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Ja gut, in der Schweiz… Ich lass das mal so stehen. Und von der Käthe wissen auch alle? 😉
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Dieses männerverschliengende Deutsche Monster, die Russland gegen Westen geöffnet hat und Deutsche Bauern an die Wolga gelockt hat? Nie gehört!
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gut, dass wir nicht drüber sprachen 😉
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Geschichte kommt bei uns viel zu kurz 😉
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Haha, göttlicher Reisebericht über Sankt Petersburg. Wenn alle Reiseführer so geschrieben wären, würde ich vielleicht auch mal welche lesen 😉
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hehe, da sollte ich mal drüber nachdenken: Reiseführer mit den WIRKLICH WICHTIGEN Details verfassen.
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Schade um die interkulturellen Differenzen. Und dabei fing das so vielversprechend an. 🙄
Und den Euler: kennt man doch. Doch, doch. Mann is ja schließlich schlau auf’m Bau. 😋
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Ob das so interkulturelle Differenzen waren oder nur n saufauler Typ? Die Wahrheit wird irgendwo in der Mitte liegen.
Wieso kennen alle den Euler? WOHER? Bin etwa ICH, die Intello-Braut, die Dumme?
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Zum Thema saufauler Typ: das wirst nur du selbst beurteilen können. War er denn nächtens eher aktiv oder lag er nur rum wie ein Sextoy (mit leeren Akkus)? 😎
Euler: Statik. Oder: das einzig Wichtige auf’m Bau ist, dass dir nix einfällt. 😉
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Wenn er nur rumgelegen hätte, hätte ich die Tür schon viel eher gefunden ^^
Aber wer dauern schacht und liest, ist nicht der größte Beweger…
Ach guck, Euler, der Stecher, steckt hinter den ideenlosen Bauarbeitern…
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Einfälle im statischen Sinne, nicht Einfälle im originellen Sinne (wobei die originellen Einfälle mancher am Bau Beteiligter dann doch mal zu auch statischen Einfällen … lassen wir das. 😎 )
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Ditt mein ich doch, Schlaubi Schlumpf!
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Da wo der letzte liegt, der mich so genannt hat, ist noch Platz. Dorf hier, U know. 😎
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:*
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