Gerade denke ich, dass offensichtlich die Regel, dass jedes Mal, wenn ich den Job wechsle, jemand stirbt, gebrochen ist, da bekomme ich die kurz angebundene Nachricht: Tante P. ist gestorben.
Tante P. ist gar nicht meine Tante, sondern der Mann meiner Tante. Mein Onkel eben. Mann genug, dass er seit Jahrzehnten erträgt, dass wir Tante P. zu ihm sagen. Wegen eines Witzes, der so alt ist, dass sich wahrscheinlich nur er selbst und meine Mutter an seinen Ursprung erinnern.
Ich stand Tante P. jetzt nicht sonderlich nahe, aber ich konnte ihn gut leiden. Wir waren immer die, die den Trubel beobachtet und scharfzüngig kommentiert haben. Guter Humor. Interessante Geschichte, von der ich vor ein paar Jahren auch nur zufällig erfuhr, weil ich aus Versehen in die Gegend gezogen bin, aus der er stammte. Zuletzt habe ich ihn allerdings häufiger in der Zeitung gesehen als in Person, weil ich bei meinem letzten Job zufällig immer mal an der Online-Ausgabe seiner Stadt dran war. Wirkte eigentlich nicht wie jemand, der vorhat, demnächst ins Gras zu beißen.
Was mich wieder einmal einigermaßen empört zurücklässt. Immer diese Rumsterberei zur Unzeit. Mir fällt es schwer, mir meine Tante ohne ihn vorzustellen. Das verrückte und ein bisschen spießige Duo. Mir tut das sehr leid für sie. Und für meine Cousine. Ich glaube, sie hatte ein sehr enges Verhältnis zu ihrem Papa. Und jaja, auch für meinen Cousin, auch wenn ich nicht sicher bin, ob der Katalog-Typ mit seinem Katalog-Job und der Katalog-Familie in dem Katalog-Haus überhaupt… Naja. Ich bin sehr unfreundlich.
Früher hat sich die ganze große Familie immer zum Geburtstag meiner Oma am See oder an der Ostsee zusammengerottet. Großer Trubel, dumme Witze, schlimme Gedichte von Tante P. und hinterher unsere fiesen Kommentare. Ich frage mich, ob wir uns jetzt nur noch zu Beerdigungen sehen. Und wie ich das wohl finde. (Ich frage mich die ganze Zeit, ob mein Cousin eigentlich bei der Beerdigung meiner Oma war. Vielleicht habe ich ihn auch nur für das Cover einer Trauerfeierbroschüre gehalten. Ja Oma, ich bin ungezogen!)
Ich bin derweil weiter auf Jobsuche. Mal sehen, wen es als nächstes erwischt.