„Warum haderst du so mit dir?“, fragt er und es ist ein bisschen lustig, weil es doch so offensichtlich ist. Und doch kann ich in dem Moment die Frage nicht beantworten.
Die kurze Antwort ist: Weil ich mein Leben stornieren will. Ist einfach nix so, wie ich das bestellt hätte.
Die lange Antwort ist: Ich wär halt gern einfach ganz anders. Und dabei geht’s nicht nur darum, wie ich aussehe. Ja, das hätt ich auch gern anders. Ich muss ja nicht irre schön sein, nur so, dass ich nicht brechen möchte, wenn ich in den Spiegel schaue.
Aber das ist nur ein kleiner Teil. Ich wär auch gern mutiger, schlauer, kreativer, origineller. Vor allem mutiger. Und ich würde gern ein bisschen mehr Glück mit meinen Entscheidungen haben. Und dabei konsequenter sein.
Ich wär gern in der Lage, mit Menschen zu interagieren, ohne mir dabei permanent selbst mit der flachen Hand gegen die Stirn kloppen zu wollen. Weil ich selber merke, wie merkwürdig ich mich verhalte. Und was für einen Blödsinn ich von mir gebe. Ich würde gern irgendwo dazugehören können und nicht hinterher alle meine Handlungen analysieren und mich für komplett bekloppt zu befinden.
Ich wär gern kein Arschloch zu Leuten und bin es doch andauernd, weil mich Leute einfach total überfordern. Dann bin ich gestresst und genervt und habe keine Lust mehr auf Leute und dann bin ich ein Arsch.
Ich würde gerne nicht erlebt haben, dass Beziehungen zu Menschen in egal welcher Form immer wieder einfach nur zu Schmerz führen – ohne Ausnahme. Schon allein, weil ich es erwarte und einfach schon mal ganz vorausschauend ein Arsch bin.
Ich könnte ganz gern einfach Sex haben und ihn genießen, ohne hinterher heulend neben nem schlafenden Kerl zu liegen, weil ich meinen Selbsthass nicht in den Griff kriege und weil ich mich mal wieder besseren Wissens der Bewertung eines Menschen ausgesetzt habe, die ich ihm natürlich vorweggenommen habe: ekelhaft und unerträglich. Total egal, was er wirklich denkt, kann und werde ich eh nicht hören, weil an der emotionalen Plexiglasscheibe, die ich da hochgezogen habe, eh alles abprallt. Und sollte doch mal jemandem einfallen, etwas Nettes zu sagen, fühlt es sich an wie Betrug, denn es kann ja gar nicht stimmen und wer weiß, warum er sich genötigt fühlt, das zu sagen.
Man kann es gar nicht richtig machen und ich weiß das und auch das stört mich an mir. Und selbst wenn ich wüsste, wie man es wenigstens besser machen könnte, krieg ich den Mund nicht auf, um es zu sagen, weil ich nicht will, dass irgendjemand etwas tut, was er eigentlich nicht will bloß wegen mir. Dann ist es auch gleich wieder vergiftet.
Ich weiß, dass ich mir selber im Weg stehe. Und auch dafür finde ich mich scheiße. Wenn ich mir ein bisschen Mühe gäbe, könnte alles ganz anders sein. Alles könnte besser laufen, wenn ich mich nur mal anstrengen würde. Ich hasse mich, weil ich nichts auf die Reihe krieg und dann doch wieder alles außer Kontrolle gerät und ich mich wieder genauso dumm und nutzlos verhalte wie immer.