Krisen und Chancen und Alkohol

Die Geschäftsführung meines Verlags lebt in einem Universum, in dem in diesen Zeiten „erhebliche Arbeitsausfälle“ in der Redaktion zu verzeichnen sind.

Ich habe noch nie so viel gearbeitet wie in den vergangenen drei Wochen. Mein Kollege M. hat noch nie so viel gearbeitet, wie in den vergangenen Wochen (und nebenbei noch zwei kleine Kinder auf seinem Schoss geschaukelt). Und eigentlich wars das auch schon, denn habe ich mal erwähnt, dass unsere Online-Redaktion massiv unterbesetzt ist? Wir beide haben also – hallo liebe Geschäftsführung – erhebliche Mehrarbeit geleistet, denn vielleicht ist es dem Einen oder Anderen aufgefallen: Da war n büschen was los die vergangenen Wochen, so nachrichtenmäßig.

Nun also Kurzarbeit und kaum erhielten wir die E-Mail haben wir alles fallen gelassen. Kein Finger mehr als nötig für die Leute, die uns frech ins Gesicht logen. Was wir heute während unserer Arbeitszeit machten: Lange miteinander telefonieren. Lange mit dem Arbeitsgatten telefonieren. Lange zu dritt telefonieren. Mit Kindern/Katze spielen. Essen machen. Ein Übergabegespräch führen, in dem wir feststellten, dass es eigentlich ganz angenehm ist, wie die Unperson zu arbeiten.

Was ich jetzt noch während meines Dienstes mache: Mit der Katze spielen. Lange mit einer Freundin telefonieren. Die E-Mail vom Betriebsrat noch mal genau lesen. Feststellen, dass die Präsenzpflicht in der Redaktion bis 31.12. aufgehoben ist. Mit mir selbst auf DIESE hervorragende Nachricht anstoßen (jaja, mit Alkohol). Bloggen.

Ich befinde mich ja in der komfortablen Lage, mir Kurzarbeit leisten zu können. Ich freue mich über jede Stunde weniger, die ich mich mit dem Scheißverein abgeben muss. Und wie geil ist das denn bitte, dass ich den Scheißverein dieses Jahr nicht mehr betreten muss? KATZE, hol die Umzugskartons aus dem Keller, wir ziehen ans Meer!

Es ist alles noch sehr frisch. Ich bin ein bisschen beschwipst. Aber ich freu mich auf weniger Arbeit. Ich freu mich, dass ich die Redaktion möglicherweise nie mehr von innen sehen muss (weil ich immer noch hoffe, bis zum Ende des Jahres einen neuen Job gefunden zu haben). Und wer weiß, vielleicht fällt mir mit mehr Zeit ein Plan B ein.

Prost! (Ich muss jetzt doch noch ein bisschen Arbeit simulieren.)

21 Kommentare zu “Krisen und Chancen und Alkohol

    • weiß nicht, wie die sich das vorstellen, so ohne Produkt….?
      Aber wir vermuten schon seit Monaten, dass der Laden einfach nur abgewickelt werden soll.
      (anders kann man sich auch nicht erklären, warum diese Chefredaktion geduldet wid)

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        • Mir tuts Leid für die Kollegen, die hier in der Region gebunden sind und für die es jetzt auch finanziell eng wird – viele Partner sind ja auch schon in Kurzarbeit.
          Aber für mich selbst muss ich einfach sagen: Couldn’t care less. Und vielleicht isses ja wirklich ne Chance für mich.

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          • Klar wird das leider im auf dem Rücken der ‚Kleinen‘ abgewickelt. Aber man kann durch gutes Namedroping den Oberen dann über die Zeit doch gehörig ans Pein pissen.

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    • Naja, die anderen Unternehmenszweige kacken ab. Aber warum der, der noch läuft und einfach der Markenkern ist, gekürzt wird und DAS genehmigt wird… Versteh, wer will.
      Die kleine weiß doch gar nicht, was das ist. WIr müssen mal sehen, wie wir das machen, dass wir irgendwie ne Zwischenmiete finden oder so, will mich jetzt nicht ewig an ne Wohnung binden und dann womöglich woanders nen Job finden.

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      • Besprich das vorher gut mit ihr, Mietzen sind nicht unbedingt scharf auf Ortswechsel und die macht das ziemlich fertig – so meine Erfahrung zumindest mit dreimal umziehen mit Mietz.

        Darüber hinaus: Denke die wollen einfach die Löhne über das Kurzarbeitergeld drücken und hoffen darauf, dass die Angestellten trotzdem fast genauso viel arbeiten.
        Das klingt ziemlich nach Abzocke.
        Aber andererseits, was ich so höre von meiner Fachpublikation, an der ich als freier Autor beteiligt bin, denen brechen die Anzeigenkunden einfach weg. Da wird es dann einfach schwierig. Vielleicht ist den Chefs ja wirklich nichts anderes mehr eingefallen, bzw. vielleicht gibt es ja wirklich keine andere Möglichkeit mehr?

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        • Meiner Miez würde das sicher erstmal GAR nicht gut gefallen, die ist leider ein Angstkandidat. Es täte ihr aber sehr gut, irgendwo zu wohnen, wo sie leichter rauskäme. Hier traut sie sich nämlich nicht, weil der Hopser ziemlich groß ist.

          Natürlich sollen wir – grade online – in weniger Zeit dasselbe leisten.
          Ja, auch wir haben weniger Anzeigenkunden, aber das ist schon vorher in den Keller gegangen, weil einfach niemand mehr seine Anzeigen in dieser Dreckspublikation will.

          Ganz ehrlich: Ich glaube wirklich, dass sie die Gelegenheit nutzen wollen, um sich elegant aus der Affäre zu ziehen und den Laden dann an eine Mediengruppe verkaufen.

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  1. Ich drücke dir die Daumen, dass du was gutes Neues findest. Dürfte aktuell nicht unbedingt leicht werden, aber dem Scheißverein brauchst du auch nicht bis ins Verderben zu folgen.

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